Unser letztes Seminarwochenende
Draußen scheint die Sonne und drinnen riecht es nach frisch gebackenem Kuchen. Nachdem die letzten Seminarwochenenden des Filmprojekts „Welcher Film spielt denn hier?“ immer auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und in den uns inzwischen so vertrauten Konferenzräumen dort stattfanden, ging es am letzten Wochenende in den Medienraum ans Schneiden der Filme.
Nach einem ersten Tag voller Höhen und Tiefen an den charakterstraken und manchmal eigenwilligen Computern war es am Sonntag endlich soweit. Die Rollos sperren den ersten Sommertag kurz aus und ein freudiges Knistern hängt in der Luft. „Das ist wie in Cannes auf den Filmpremieren. Jetzt fehlt hier nur noch der Rote Teppich und das Popcorn.“
Statt Popcorn haben wir wieder selbst gebackenen Kuchen vor uns auf dem Teller stehen. Einen Anlass gab es dafür eigentlich nicht, außer dass es immer Spaß macht, wenn wir am Wochenende alle zusammen nach Neuengamme kommen und uns wieder sehen.
Die letzten Wochen haben wir so viel Energie und Zeit in die Produktion unserer Filme gesteckt, einander gegenseitig kleine Making-of Bilder geschickt und nun ist es endlich soweit, dass wir die fertigen Filme der anderen Teilnehmer auf der Beamer-Leinwand sehen können. Unsere kleine, eigene Weltpremiere der Filme, die unsere ganz persönlichen Geschichten erzählen. Voller „Ahhs“ und „Ohhs“ ging es anschließend ans Feedback geben. Welche Szenen hatten uns am besten gefallen? Eifrig stellten wir eine Liste mit den beeindruckendsten Szenen zusammen. Die Liste wird länger und länger … und länger bis wir feststellen das wir fast jede Szene jedes Films aufgelistet haben.
Ein Vorgeschmack auf den Film
Und wie wollen wir daraus jetzt einen gemeinsamen Film machen??? Tja das war gar nicht so leicht, aber wir haben es geschafft und freuen uns schon riesig darauf das Ergebnis auf dem Gedenkforum und der Gedenkveranstaltung in Neuengamme zu präsentieren.
Wir Filmemacher_innen haben ein paar Szenen ausgewählt, um vor der Sneak Peak auf dem Forum „Zukunft der Erinnerung“ und der öffentlichen Premiere auf der Gedenkfeier der KZ-Gedenksätte Neuengamme anlässlich des 71. Jahrestags des Kriegsendes und der Befreiung der Konzentrationslager einen Einblick in unseren Film zu ermöglichen.
Franciska Henning und „Spatz“
Mein Uropa, genannt „Spatz“, hat Flugblätter für die SPD in Hamburg verteilt, bis er 1935 verhaftet wurde. … Ich habe mir unzählige Bilder von fliegenden Spatzen und Vögeln angeschaut um seinen Flug über die Leinwand zeichnen zu können.
Ins Bewährungsbataillon 999 gezwungen: Die Reise in den Krieg beginnt für den Spatzen am Hannoverschen Bahnhof. Wo heute eine Baustelle ist, konnte ich vor ein paar Jahren noch einige Bilder machen. Damals wusste ich noch nicht das mein Uropa dort war…
Mich selbst in den Film mit einzubringen war schwieriger als jede Fluganimation meines kleinen Spatzen. Durch das Projekt habe ich einen Zugang zu meinem Uropa gefunden, auch wenn ich ihn nie kennen lernen durfte. Auf der Leinwand sind wir zusammen zu sehen; können wir uns begegnen, wenn auch nur symbolisch.
Nicola Iversen und „Opa„
Bei der Recherche in meiner Familiengeschichte bin ich auf einige Hürden gestoßen, aber am schwersten war für mich, wenn ich nicht mehr persönlich nachfragen konnte. Da bleibt bei mir das Gefühl, niemals alles erfahren und verstehen zu können.
Die Atmosphäre im Projekt war wirklich gut. Wir konnten alle Aspekte unserer Familiengeschichte miteinander teilen, wenn wir das wollten. Dazu gehörten auch negative oder traurige Dinge. Schatten- und Lichtseiten anzuerkennen, das habe ich gelernt.
Das ist eigentlich ein Bild in meinem Film, das als „Füllmaterial“ zwischen meinen Szenen dient. In meinem Film wühle ich in einem Schrank und der ist eben auch voll mit lauter Dingen aus meinem Leben, die nicht mit meiner Familie zu tun haben. Dazu gehört auch das Foto von mir und meiner Mitbewohnerin. Für mich war die Arbeit mit meiner Familiengeschichte eben nicht nur Annäherung, sondern auch Abgrenzung.
Pauline Schweinbach und ihre Großeltern
Mein Vater, und auch sein Vater waren völlig unmilitärisch. Sie waren immer schon Automobil-Narren.“
Aber wann zieht mehr von der Welt an einem vorbei, als während man Auto fährt? Das Leben meiner Großeltern, Eltern, mir, es ist eine einzige lange Autofahrt. Wir gehen unseren eigenen Weg, aber das, was im Laufe unseres Lebens an uns vorbeizieht müssen wir ansehen. Viel Schlechtes, aber auch viel Gutes. Nur, wenn wir rausgucken, können wir entscheiden, in welche Richtung wir in Zukunft steuern wollen.