Ein Film als Beitrag zur Zukunft der Erinnerung
Am Wochenende vom 28. bis 29. November 2015 kamen die Teilnehmer_innen des Filmprojekts für junge Erwachsene „Welcher Films spielt denn hier? Macht (eure) Geschichte zum Film“, das von der Hamburger Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) und dem Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Neuengamme e.V. gefördert wird, zum ersten Mal in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zusammen. Bis Anfang Mai 2016 werden die jungen Erwachsenen im Alter von 15-22 Jahren noch drei weitere Wochenenden zusammen verbringen, um ihre eigene Familiengeschichte zu recherchieren, Wünsche für ein zukünftiges Erinnern zu formulieren und hierüber einen Stop-Motion-Film zu drehen. Der Film wird auf der Gedenkfeier der KZ-Gedenkstätte Neuengamme anlässlich des 71. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung der Konzentrationslager am 3. Mai 2016 der Öffentlichkeit präsentiert.
Darüber hinaus werden die Teilnehmer_innen durch die intensive Beschäftigung mit der NS-Geschichte – hierbei liegt der Fokus auf der Analyse von Handlungsspielräumen einzelner Akteure – und der Auseinandersetzung mit der Frage „Wie beeinflusst mein (Nicht-)Wissen über meine Familiengeschichte mein Handeln heute?“ zu einer aktiven Beteiligung am Forum „Zukunft der Erinnerung“ vom 30. April bis 2. Mai 2016 in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme vorbereitet.
Weg vom eingeschränkten Blick auf die Geschichte
Nach dem ersten Kennenlernen machten sich die Teilnehmer_innen in Kleingruppen daran, einen Zeitstrahl zu erstellen, in dem sie Ereignisse aus der Zeit des Nationalsozialismus aufnahmen, die die Situation außerhalb Deutschlands – und Europas – beeinflussten. Sie recherchierten u.a. zum italienischen Überfall auf Äthiopien, befassten sich mit der japanischen Invasion in China und lernten die Hintergründe des „Verrückten Dienstags“ in den Niederlanden kennen. Die Teilnehmer_innen waren entsetzt, dass ihnen einige Ereignisse, z.B. die Internierung japanisch-stämmiger Amerikaner_innen nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor, nicht geläufig gewesen war.
Entscheidungen
Bei der Beschäftigung mit den weltweiten Ergebnissen hatten die Teilnehmer_innen noch keinen genauen Blick auf einzelne Akteure geworfen. Dafür galt ihre ganze Aufmerksamkeit am Nachmittag der Beurteilung von Entscheidungsspielräumen unterschiedlicher Akteure während der NS-Zeit. Sie erkannten, wie unterschiedlich KZ-Aufseher_innen ihre Handlungsspielräume im Umgang mit KZ-Häftlingen nutzten, lernten unterschiedliche Formen des Widerstands im Lager durch KZ-Häftlinge an Hand der Biografien von Fritz Bringmann und Nada Verbič kennen und bekamen Einblicke in die persönlichen Beweggründe für das Verstecken von jüdischen Mitbürger_innen, z.B. durch die Beschäftigung mit der Biografie von Waldemar Nods.
„No Pasaran“
Entscheidungen, persönliche Motivationsgründe ebenso wie Solidarität standen auch im Vordergrund bei der Diskussion über den Dokumentarfilm „No Pasaran“, der Männer und Frauen, die im Spanischen Bürgerkrieg gegen den Faschismus gekämpft haben, zu Wort kommen läßt. Nach der Vorführung des Films herrschte zunächst ergriffenes Schweigen unter den Teilnehmer_innen. Die Berichte der Zeitzeuginnen – viele von ihnen waren Teil der Internationalen Brigaden gewesen – hatten sie sehr beeindruckt. Im Gespräch schauten die Teilnehmer_innen besonders auf die Situation der beiden weiblichen Antifaschistinnen während des Krieges. Immer wieder kamen sie auch auf die konsequente Haltung aller Interviewten – ein angepaßtes Leben im Faschismus schien ihnen unvorstellbar – zu sprechen. Die mahnenden Worte des Niederländers Herman Scheerboom, dass es nicht nur die Freiheit des eigenen Landes, sondern aller Menschen zu verteidigen gebe, klang lange nach.
Was weiß ich über meine Geschichte?
Wie viel Vertrauen die Teilnehmer_innen am Wochenende zu einander gefasst hatten, zeigte sich am Sonntagnachmittag. Aus mitgebrachten Familienfotos, Briefen und anderen persönlichen Dokumenten erstellten die Teilnehmer_innen Collagen mit teilweise sehr sensiblen Informationen über ihre Familien. Obwohl auf allen Postern schon viele Details zu erkennen waren, fielen den Teilnehmer_innen noch viele Fragen ein, die sie bis zum nächsten gemeinsamen Wochenende durch Gespräche mit Familienmitgliedern noch klären wollen.
Drei Teilnehmer_innen stellen sich vor
Im Verlauf des Wochenendes baten wir drei Teilnehmer_innen sich in einem kurzen Videobeitrag vorzustellen, ihre Motivation für die Teilnahme am Projekt darzustellen und ihre Erwartungen an die nächsten sechs Monate zu formulieren.