Fast vollzählig und mit nur wenigen Minuten Verspätung rollte der Bus um kurz nach 8 Uhr vom Zentralen Omnibusbahnhof in Hamburg los. Für die insgesamt ca. 39 Teilnehmer*innen der Studienfahrt 2019 des Freundeskreises der KZ-Gedenkstätte Neuengamme standen dieses Mal Besuche der KZ-Gedenkstätten Ladelund und Husum-Schwesing auf dem Programm. Der Freundeskreis, welcher seit 1988 existiert, bietet seinen Mitgliedern und Interessierten jährlich eine solche Fahrt an.
KZ Gedenkstätte Ladelund
Zuerst ging es diesmal nach Ladelund nahe der dänischen Grenze. Dort wurden die Teilnehmenden von Dr. Katja Happe, der Leiterin der Gedenkstätte sowie einer ehrenamtlichen Kollegin in Empfang genommen. Nach kurzer Einführung und grundsätzlichen Informationen hinsichtlich der Geschichte des Ortes, konnte die 2017 neu eröffnete Ausstellung betrachtet werden. In vier unterschiedlichen Sprachen ist es den Besucher*innen möglich, sich über die nationalsozialistische Vergangenheit zu informieren.
Zwischen dem 1. November und dem 16. Dezember 1944 wurden 2000 Häftlinge, vor allem aus dem KZ Neuengamme, nach Ladelund gebracht, um dort Panzergräben zum Schutz vor dänischen Angriffen auszuheben. Dieser, unter fast unmöglichen Bedingungen unter der Aufsicht von ca. 200 SS-Aufsehern zu absolvierende Arbeit fielen allein in diesen knapp sechs Wochen 300 Menschen zum Opfer. An diese Zeit erinnert das neu gestaltete Dokumentenhaus, ein „Garten der Begegnung“, der im Kontext einer internationalen Begegnung gestaltet wurde und neun Gräber, in denen die verstorbenen Opfer des Konzentrationslagers begraben sind.
Nach weiteren Erläuterungen durch die Mitarbeiter*innen der Gedenkstätte stand es den Teilnehmenden frei, sich ein paar hundert Meter entfernt einen Eindruck von den damaligen Panzergräben zu machen und zudem den Ort der ehemaligen Baracken zu besuchen. An deren Stelle erinnert heute lediglich eine Tafel an die grausamen Vorgänge im Herbst 1944.
KZ Gedenkstätte Husum-Schwesing
Zurück am Dokumentenhaus ging die Fahrt pünktlich weiter zur KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing. Dort wurde die Gruppe bereits erwartet. Drei, der insgesamt zehn dort ehrenamtlich engagierten Guides hießen die Teilnehmenden willkommen und führten sie anschließend über das Gelände des ehemaligen Außenlagers. Neben einer Gedenktafel, welche an die 297 Todesopfer und insgesamt 2600 Häftlinge erinnert, die zwischen 26. September und 29. Dezember im Außenlager des KZ Neuengammes ebenfalls Panzergraben ausheben mussten, haben die Besucher*innen vor Ort die Möglichkeit, sich an verschiedenen Ausstellungstafeln ein Bild der damaligen Geschehen zu machen.
Anders als in Ladelund, ist das ehemalige Lagergelände in Husum-Schwesing erst seit den späten achtziger Jahren ein Gedenkort. Nach einer kurzen Nutzung des Geländes nach Kriegsende als Lager für Geflüchtete, geriet der Ort Anfang der 1960er Jahre bis in die 1980er Jahre vollständig in Vergessenheit. Erst im Jahr 1987 wurde eine Gedenkstätte durch den Kreis Nordfriesland eingerichtet. Dies ist vor allem dem unermüdlichen Einsatz der dort engagierten Ehrenamtlichen rund um die Vorsitzende des Freundeskreises der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing Maria Jepsen zu verdanken, die – gesellschaftlichen Widerstand zum Trotz – dafür gesorgt haben, dass an diesem Ort eine adäquate Möglichkeit des Gedenkens geschaffen wurde.
Auf einem weitläufigen Gelände befinden sich noch Überreste der ehemaligen Lagerküche und des Weges, auf welchem die damaligen Häftlinge teils über Stunden und bei jeglicher Witterung zum Appell antreten mussten.
Um die Erinnerung und das Gedenken erfahrbar zu machen, wurden im Laufe der letzten Jahre 297 verschieden hohe Metallstelen in Kooperation eines Künstlers und einer Schulklasse in den Boden gesetzt, um an die entsprechende Anzahl der Todesopfer zu erinnern. Diese sind jeweils auf einem der Schilder benannt. Des Weiteren gibt es ein kleines Denkmal und einen Ort der Erinnerung.
Nachdem der Rundgang beendet war, berichteten Maria Jepsen und ihr Team in ihrem Bildungsraum, in dem sonst bspw. Schulklassen empfangen werden können, noch von ihrer alltäglichen Arbeit, den behördlichen Voraussetzungen, diversen Bildungsformaten und ihren Plänen für die Zukunft. Anschließend war es für die Teilnehmenden bereits Zeit, die Rückreise anzutreten, um wie geplant gegen 20:30 in Hamburg anzukommen.
Dank
Rückblickend lässt sich sagen, dass die diesjährige Studienfahrt des Freundeskreises für alle Beteiligten wieder eindrückliche Erfahrungen mit sich gebracht hat. Sowohl in Ladelund, als auch in Husum-Schwesing wurde vonseiten der dortigen Mitarbeiter*innen und Ehrenamtlichen anschaulich und einprägsam über die damaligen Gräueltaten und gesellschaftliche Aufarbeitung nach dem Krieg bis heute informiert. Alles in allem bleibt festzuhalten, dass Arbeit, wie sie in den beiden besuchten KZ-Gedenkstätten erbracht wird, nicht hoch genug geschätzt werden kann.
Ein besonderer Dank gilt zudem dem Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, der diese Fahrt organisierte und ermöglichte.
*Der folgende Veranstaltungshinweis ist in der Zeitschrift freundeskreis aktuell Nr. 34 (April 2020) erschienen*
Die nächste Studienfahrt des Freundeskreises soll am Sonntag, den 13. September stattfinden.
In diesem Jahr führt sie zur Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen in Sachsen-Anhalt. Der Ort erinnert an die Ermordung von über 1000 KZ-Häftlingen sowie an Todesmärsche rund um den Ort im April 1945 und steht somit exemplarisch für die nationalsozialistischen Endphaseverbrechen.
Gedenkstättenleiter Andreas Froese wird die Teilnehmer*innen durch die gerade neu eröffnete Dauerausstellung begleiten.
Informationen und Anmeldung bei:
Bernhard Esser, Tel.: 040 656 45 59
Pastor Hanno Billerbeck, Tel.: 040 428 131 505, Mail: info@kirchliche.gedenkstaettenarbeit.de