Sie studieren im Studio Experimentelles Design an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Als ihr Professor Jesko Fezer das Anliegen des Vereins ‘Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Neuengamme’ letztes Semester an sie herantrug, fand sich direkt eine Gruppe von interessierten Student_innen mit verschiedenen Hintergründe und Motivationen. Während ihrer letzten Treffen hat sich die interdisziplinäre Gruppe gefestigt. Gerade arbeiten sie zusammen an Entwürfen für den Ort der Verbundenheit der Angehörigen der ehemaligen Häftlinge des KZ Neuengamme. Hier erzählen die Student_innen, warum sie den Ort der Verbundenheit mitgestalten wollen.
„Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis der Gedenkstätte berührt mich. Ich fühle mich geehrt, an der Entstehung dieses antifaschistischen Ortes der Verbundenheit beteiligt zu sein. Ich nehme an diesem Studienprojekt teil, weil ich mein bisher gesammeltes Design-Wissen in anspruchsvollen, gesellschaftlich relevanten, politischen Bereichen erproben und anwenden möchte.“
„Im Rahmen eines Freiwilligendienstes habe ich ein Jahr in Israel, Jerusalem, gelebt. In dieser Zeit habe ich mich viel mit der jüdischen Perspektive auf den Nationalsozialismus und den Holocaust beschäftigt. Wieder zurück in Deutschland habe ich bemerkt, wie schnell meine Beschäftigung mit diesem Thema in den Hintergrund geraten ist. Durch den Ort der Verbundenheit in eine aktive und intensive Auseinandersetzung mit der lokalen Geschichte des Nationalsozialismus zu kommen, empfinde ich als sehr lehrreich und wichtig. Hierbei wird mir bewusst, wie viele Orte Hamburgs eine nationalsozialistische Vergangenheit haben, welche im Alltag jedoch oft unsichtbar bleiben. Zudem wird meine bisher sehr jüdisch zentrierte Sichtweise auf den Nationalsozialismus durch die Beschäftigung mit der Geschichte des KZ Neuengamme um viele wichtige (und möglicherweise marginalisierte) Stimmen erweitert, was mir die Dimensionen des Nationalsozialismus noch einmal in einem anderen Ausmaß vor Augen führt.“
„Aus antifaschistischer Perspektive setze ich mich seit langem – auch in einer Beschäftigung mit der eigenen Familiengeschichte – mit der Shoa und den Gräueltaten der Nazis, aber auch mit neonazistischen und anderen faschistischen Bewegungen bis in die Gegenwart auseinander.Mir ist von meinen Eltern früh vermittelt worden, dass etwas wie Auschwitz sich niemals wiederholen darf und somit ist es mir ein wichtiges Anliegen, eine Gedenk- und Erinnerungskultur anzustreben, die aktiv die Wissensvermittlung an nächste Generationen fördert und dabei nicht nur Interesse an der Auseinandersetzung mit der Geschichte weckt, sondern hoffnungsvollerweise auch ein bisschen emanzipatorisches Bewußtsein und gesellschaftliche Verantwortung schafft; so dass es irgendwann möglich sein wird, in einer Gesellschaft ohne antisemitische, rassistische, sexistische oder sonstige ausgrenzende Denkweisen und Mechanismen aufzuwachsen.“
Ben:
„Neue Formen des Erinnerns mitzugestalten sehe ich als eine wertvolle und wichtige Aufgabe. Die Perspektive und das Anliegen der Gruppe finde ich dabei sehr interessant, für das Projekt, als auch persönlich.“
Hannes:
„Ich studiere Design, um mich mit gesellschaftlich relevanten Fragen auseinanderzusetzen. Die Erinnerung an die NS-Zeit und der Diskurs, der am ‚Ort der Verbundenheit‘ gefördert wird, sind nicht nur gesamtgesellschaftlich von höchster Bedeutung. Auch in meiner Familie, die im NS-Regime auf der Täterseite anzusiedeln war, und in meinem persönlichen Umfeld sind die indirekten Folgen des Krieges auf subtile Art allgegenwärtig. Wie können wir in der beginnenden Post-Zeitzeugen Ära sicher stellen, dass wir nicht weiter vergessen?“
„Ich fühle ich mich in der Verantwortung, die Schrecken des Nationalsozialismus in Erinnerung zu behalten und diese Verantwortung an die jetzigen und folgenden Generationen weiterzugeben. Dass diese Gedanken aufgrund von faschistischen Bewegungen wie der AfD gefährdet sind, zwingt mich zum Handeln.Das Projekt um den Ort der Verbundenheit ist für mich eine Möglichkeit durch persönlichen Austausch mit Angehörigen der Opfer des Nationalsozialismus zu trauern und zu erinnern. Zusammen mit ihnen gestalten wir so einen Ort der Menschlichkeit.“
Paula:
„Die Verbrechen des NS und Ihre Opfer dürfen nicht vergessen werden. Es ist unsere Aufgabe, dieses Vergessen aufzuhalten und die Verantwortung an die nächsten Generationen weiter zu geben. Die Möglichkeit, einen Ort zu schaffen, an dem Geschichte erzählt werden kann, an dem Trauer und Wut einen Platz finden, der aber auch Treffpunkt sein will, ist ein bedeutendes Projekt, in diesem Kampf gegen das Vergessen.“
„Lange habe ich eine gesellschaftliche Erinnerungskultur als vorhanden geglaubt. Als ich jedoch mit Orten konfrontiert wurde, deren nationalsozialistische Historie mir nicht geläufig war, trotz des täglichen Passierens, begann ich dieses Bild zu überdenken. Kann Erinnern ein alltäglicher Prozess sein? Die ersten Treffen mit der Arbeitsgruppe des Freundeskreises der Gedenkstätte habe ich als unglaublich bereichernd wahrgenommen und halte den Diskurs für unabdinglich, auch in Hinblick auf eine zukünftige zeitzeugenunabhängige Vermittlungsarbeit.“